Sunday 16 March 2008

Forumtheater

(von Domi)

Zeit, den Computer aufzusuchen und in Betrieb zu nehmen um dem interessierten Rest der Welt zu berichten, was als berichtenswert empfunden wird:

Eine zweite Projektwoche hat ihr zeremonielles Ende gefunden. Am vergangenen Freitag wurden an Schueler der Bethany Highschool, der Rockfoundation in Kampala und an die Teilnehmer unseres Fotoprojekts in drei getrennt voneinander zelebrierten Abschlussfeiern Zertifikate ausgehaendigt. Sie alle haben an dem Peacebuilding workshop des konzertiert arbeitenden großteams von RHU, CRY Uganda und Commit Berlin teilgenommen und ich behaupte: Viele von Ihnen nehmen mehr als ein bedrucktes Stueck Papier mit nach Hause, obwohl sie Gedanken, Gefuehle und Ideen mit uns geteilt und bei uns gelassen haben.

In der Subgruppe, in der ich in der Vergangenen Woche die Ehre hatte mit Micheal Mwaze und Katrin Streichen gemeinsam das Programm einer Kleingruppe zu entwerfen und umzusetzten, beschaeftigten wir uns im Vergleich zur Vorwoche themenreduziert mit den Fragen nach der Analyse genereller Konflikte, der Rolle von Kommunikation in Konflikten: Inwieweit sie zur Loesung eben dieser beitragen kann oder inwiefern sie evtl. fehlgeschlagener Weise auch Grund fuer die Entstehung oder Verstaerkung von Konflikten darstellen kann. Wobei der Begriff Konflikt hier in erster Linie weniger im Sinne der großen bewaffneten, vielleicht sogar zwischennationalen oder interetnischen Streite oder Kriege zu verstehen ist als vielmehr auf einer reduzierten Ebene angegangen wurde: Wo findet sich Konflikt im Alltag? Wie gehen wir mit unseren Meinungsdifferenzen um? Wie entstehen streiterische Auseinandersetzungen und auf welche Weise traegt eine kultivierte und vor allen Dingen bewusste Kommunikation zur Verhuetung und adaequaten Umgangsweise mit leichten oder schwereren Differenzen bei.

In Beruehrung mit diesem Themenblock ergaenzte der Topic Identitaet und Stereotypisierungen unser Programm fuer die Woche.

Bei der Bearbeitung dieser drei Themenbloecke war fuer uns nach wie vor der Impuls aus der Gruppe angestrebtes Ziel. Nicht eine schulmaennische Belehrungswoche, sondern ein interaktiver und eigeninitiativer workshop sollte die zehn Stunden Programm fuellen, die wir auf fuenf Tage verteilt gemeinsame Zeit vergrachten. Eine Aufgabe, die zugegebener Maßen eine Herausforderung darstellt, die einen immer wieder tiefe Atemzuege nehemen laesst, wenn fuenfzehn Augenpaare groß und glaenzend auf dich gerichtet sind und man den Blick aber so gerne umkehren moechte.

In der vergangen Woche wollten wir diese Aufgabe mit einer intensivierten Methode meistern, die wir vielversprechend in Berlin in langen abendlichen und wochenendlichen Trainingseinheiten geuebt haben: Forumtheater.

Gluecklich kann ich nach einer Woche sagen, dass nicht nur die Idee sondern auch der Weg ein interessanter und erfolgreicher war. Sowohl mit der vormittaeglichen hoechst diversen Gruppe von Jugendlichen zwischen 13 und 19, als auch mit den noch sehr jungen Schuelern im Alter von durchschnittling 12/13, die am Nachmittag an der Bethany Highschool mit uns Zeit verbrachten.

Es mag schwierig sein, sich vorzustellen, wie unsere Sessions strukturiert gewesen sein moegen und so erlaube ich mir, eine dieser Sitzungen oder besser gesagt Stehungen, Laufungen, Lachungen und Diskutierungen zu beschreiben:

Vorausgesetzt waren zwei Tage, in denen gemeinsam das Thema Konflikt Analyse und Kommunikation begonnen worden war. Nach gemeinsamen Uebungen, wie Massagen, Ausdrucksspielen und Eisbrechern, die fuer Stimme, Atmung, und Koerper Bewusstsein und Wahrnehmung schaerfen sollten und durchaus auch der klassischen sowie der Improtheaterszene entlehnt sind, war es gar nicht so schwer, bei jedem Einzelnen der Gruppe die Hemmung vor dem koerperlichen Ausdruck vergessen zu machen, sich auf gemeinsames interaktives Handeln einzulassen und bis zu einem gewissen Grad konzentriert dramatisch aktiv zu werden.

Nun kamen wir in Kleingruppen von fuenf bis sechs Leuten zusammen und versuchten gemeinsam eine kurze Szene zu inzenieren, ausgehen von Begriffen, die in vorangegangenen Assoziationsuebungen gefunden und in einem Brainstormingprozess ergaenzt worden waren.

Die Szenen, die in irgend erdenklicher Form das Thema Konflikt zum Gegenstand hatten, wurden in einem weiteren Schritt der großen Gruppe praesentiert. Ob Mobbing, Gruppenzwang, Unterdrueckung von Frauen, oder Diebstahl, eine Gemeinsamkeit war jeder Szene vorgegeben: Am Punkt der Eskalation des gegenstaendlichen Problems fand sie ihr ploetzliches und ungeloestes Ende. Nun war es gemeinsame Aufgabe der Gruppe, in einem interaktiven Theaterprozess potentielle Loesungen fuer das praesentierte Problem zu finden. Jeder sich als ideenreich empfindende Teilnehmer war angehalten einen Loesungsvorschlag zu bringen, die seiner Meinung nach problematischst handelnde Person im Konflikt zu ersetzen und in veraenderter Weise zu agieren um den Konflikt zu einer fruchtbaren Loesung zu fuehren. Sicherlich war die groeßte Schwierigkeit hierbei, trotz Loesungswillen den Realitaetsbezug zu wahren und nicht in eine Ich-liebe-Alles-und-Jeden-Illusion abzurutschen. Aus diesem Grund war es an der Gruppe nach jeder praesentierten Szenenvariation gemeinsam in einem Diskussionsprozess zu ueberlegen, ob man die soeben gefundene Loesung akzeptieren moechte oder ob ein weiterer Veraenderungsvorschlag von Noeten ist: Ein Freund wirft Dein Handy versehentlich auf den Boden, weil er es Dir zu stuermisch aus der Hand zu reißen versucht. Ist des Problems Loesung tatsaechlich darin zu suchen, dass der reiche Kumpel Deines Freundes, der ploetzlich in Deinem Kopf Form annimmt millionenhohe Reparationszahlungen leistet? Ist es sinnvoll die beginnenede Schlaegerei mit Geld zu loesen, das man irgendwie gerade erfunden hat? Ist es reallistisch zu sagen: „ach, das macht nichts, ich wollte mit sowieso ein neues kaufen“, oder finden sich andere Moeglichkeiten, das Problem anzugehen?

Vielleicht sollte man zum Beispiel erst einmal nachsehen, ob das Telefon ueberhaupt Schaden genommen hat, anstelle diese Voaraussetzung einfach anzunehem und zu akzeptieren, vielleicht sollte man gemeinsam nachpruefen, ob man den eventuellen Schaden reperieren kann? Oder die erste Person fragt gezielt nach dem Telefon, bevor sie die Hand danach austreckt...

Kreativitaet ist ein Schatz und er kommt von alleine zu Tage, wenn man Jugendliche einfach mal selber denken laesst, anstatt ihre Gedanken staendig durch belehrendes Votragen auszubremsen...

1 comment:

Barbs said...

hallo hallo!
das hört sich alles so verdammt spannend an, was Ihr da macht!!
Ich freu mich so, wenn Ihr uns durch Eure Erfahrungen so so sehr bei der Projektarbeit in Berlin unterstützen und weiterhelfen könnt.. das wird so wichtig sein!
Die besten Grüße nach Uganda!
Barbara (Commit, Projekte)